Erfurt

Der Beat des Sommers

Wenn die Tage länger werden und die Temperaturen steigen, steigt auch das Gemüt. Vor allem seit zwei Jahren fiebern wir den warmen Tagen entgegen. Gefeiert wird das in vielen Kulturen zur Sommersonnenwende im Juni. Während der längste Tag im Jahr verheißungsvoll den Sommer einläutet, birgt er ganz leise das bittersüße Gefühl des Abschieds ebendieser Jahreszeit. Ab jetzt werden die Tage auch wieder kürzer.
Domplatz Erfurt
Domplatz Erfurt
 
In der Thüringer Landeshauptstadt ist immer was los und im Sommer scheint es besonders voll zu sein. Seit Corona sowieso. Das Leben konzentriert sich auf die warme Jahreszeit. Alles fühlt sich freier und gelöster an. Das Krämerbrückenfest ist gerade vorbei, da findet bereits das nächste Highlight statt. Die Fête de la Musique. Wir nehmen euch ein Stückchen mit:
Nachdem wir das Krämerbrückenfest wegen der Hitze geschwänzt haben, machen wir heute früher Schluss. Der Sommer schenkt uns einen Tag wie aus dem Bilderbuch und so geht es auf in die Stadt.
Noch ist es geschäftig wie immer, viele Familien sind unterwegs und vereinzelt klingt Musik in die Straßenbahn.
Auf der Wiese Am Venedig ist es heiß. Gruppenweise haben sich die Menschen in den Schatten zurückgezogen. Die Musik vom 38Hz_Kollektiv packt mich, die Füße haben Tanzlust. Ein Kind hüpft im Rhythmus auf und ab. Die Luft ist schwer von Alkohol, Zigaretten und Gras. Festivalgeruch. Nur besser.
Fete de la Musique
Fete de la Musique Wiese Am Venedig
 
Die Köpfe nicken mit, es herrscht coole Zurückhaltung.
Es ist 17:30 Uhr. Die Zurückhaltung löst sich bei den ersten. Allein tanzen ist super! Mein Wippen und Nicken wird ebenfalls enthusiastischer. Gleichzeitig zieht es mich weiter. Es gibt noch viel zu entdecken, aber hier ist es so schön.
Es ist 18:00 Uhr. In der Waagegasse ist es voll. Die Schülerband Rambazamba hat eine riesige Menschentraube um sich gescharrt. Die Menge tobt. Leider schlagen die Musiker gerade den letzten Takt und wir ziehen weiter. Während es auf der Krämerbrücke ungewöhnlich leer ist, wird es gleich dahinter wieder voll. Die Stimme des Folksängers Benjamin Bruder tönt über den Wenigemarkt. Die Restauranttische drum herum sind voll, die Menschen essen entspannt.
Ich wünsche mir einen ewigen Augenblick. Ein Paradoxon, ich weiß. Aber leben wir nicht in einer paradoxen Welt? Also! So könnte es immer sein.
Ein paar Minuten später finden wir uns am Lutherdenkmal auf dem Anger wieder und tauchen ein in entspannten Blues-Rock mit Joon Wolfsberg. Die Zuschauer wippen mit ihrem Getränk in der Hand. „Knocking on heavens door“ geht direkt ins Blut und verursacht Flashbacks in eine Zeit, in der das Leben noch leichter schien. Es ist ein weiteres gutes Gefühl auf der Skala, die der Gang durch die Stadt heute auslöst. Während ein Kind mit einer Nudelkette vorbei hüpft, kläffen sich zwei Hunde an, aus der Ecke gelöstes Lachen.
Fete de la Musique
Fete de la Musique in der Paulstraße
 
Wir wollen bleiben, wollen weiter. An jeder Ecke stehen entspannte Menschen, lauschen der Musik, sind verloren im Beat der Stadt. Ein paar Takte in der Paulstraße an der Herzbar, Textzeilen, die durch die Luft schweben am Domplatz. Der Tag setzt zum letzten Akt an und wir kraxeln auf den Petersberg.
Während die Sonne Erfurt in goldenes Licht taucht, tauchen wir ab zu DJ Stibbe, der vor der Glashütte auflegt. Was für ein Augenblick!
Über den Petersberg mit dem grandiosen Panorama der Stadt geht es zurück ins Venedig, der mittlerweile abfeiernden Menge zusehen. Doch unerbittlich meldet sich der Bauch. Vor lauter Musik haben wir das Essen vergessen.
Mittlerweile ist es 21:00 Uhr und wir stranden in der Johannesstraße. Die vielfältigste Genussmeile Erfurts. Wir stärken uns in Sindbads Grillhaus mit atmosphärischer Gitarrenmusik. Wer da spielt? Ich habe längst den Überblick verloren. Aber egal!
Erfurt
Johannesstraße Erfurt
 
Nach dem Essen versacken wir in der Johannesstraße vor dem „Spirits and More“. Auf dem Weg zum Bahnhof und zum Stadtpark steht ein Mann mit einem Becher in der Hand, ein Musiker am Klavier hinter sich und eine Frau mit violettem Kopftuch. Die Straße ist mittlerweile in Zwielicht getaucht, wir wollen weiter. Tanzen. Im Stadtpark.
Eine Hand lässig in der Hosentasche, in der anderen ein Becher stimmt der Sänger Rammsteins „Klavier“ an. Seine Stimme füllt die fast leere Straße, die Handvoll Zuschauer sitzt gebannt. Wir bleiben stehen.
Die Frau daneben beginnt, barfuß zu tanzen, schwingt einen Reifen. Wir setzen uns auf einen Mauervorsprung. Mittlerweile ist es frisch geworden und Ruhe liegt in der versifften Luft. Der Reifen leuchtet jetzt. Lied um Lied lauschen wir, fahren komplett runter und beobachten die Tänzerin mit Reifen, Tüchern und Leuchtstab. Es ist schön. 
Erfurt Stadtpark
Stadtpark Erfurt
 
Mittlerweile ist es dämmrig und wir haben es doch noch in den Stadtpark geschafft. Während die Elektromusik über die Wiese dröhnt, scheint es, als würden hier alle Zuschauer den Abend ausklingen lassen. Die Stimmung ist großartig, ein kurzer Stromausfall wird mit Sprüchen und spontanen Gesangseinlagen des Publikums gefeiert und dann der Sonnenuntergang…
Der Himmel über dem Hauptbahnhof erglüht in einer fulminanten Farbpalette aus Gelb- und Rottönen. Was für ein Licht, was für ein Tag!
Erfurt Hauptbahnhof
Sonnenuntergang am Hauptbahnhof
Christiane Berndt, 21.06.2022
Dies ist ein Beitrag im Rahmen der Blogparade Vol. II „Summer in the city“ – #deinSommer in #deinThüringen von Thüringen bloggt.

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